Tinnitus und Hörsturz

Ohrgeräusche treten sehr häufig auf. Laut Deutscher Tinnitus-Liga hatte jeder Vierte schon einmal einen Tinnitus, wenn auch glücklicherweise meist nur vorübergehend. Als Tinnitus bezeichnet man plötzlich auftretende Ohrgeräusche, die im Patienten selbst verursacht werden. Sie können pfeifend, summend, brummend o.ä. sein, dauerhaft anhaltend oder nur zeitweise auftretend. Meist treten sie plötzlich auf und können ganz verschiedene Ursachen haben. Geräusche im Ohr an sich sind zwar ungefährlich, belasten die Betroffenen aber oft sehr stark. Tinnitus ist kein Notfall, sollte jedoch innerhalb der ersten Tage nach Neuauftreten beim HNO-Arzt abgeklärt werden.

Ursachen

Objektiver Tinnitus

Von einem objektiven Tinnitus spricht man, wenn dieser nicht nur von dem Betroffenen, sondern auch von anderen wahrgenommen werden kann. Dieser kommt z.B. durch Strömungsgeräusche des Blutes bei Verengungen der Gefäße zustande. Damei kommt es zu einem pulssynchronen Ohrgeräusch.

Auch klickende Ohrgeräusche durch unwillkürliche Muskelzuckungen im Mittelohr oder Gaumen können vorkommen.

Eine offene Tube, also eine zu weite oder permanente Öffnung des Verbindungsganges zwischen dem  Mittelohr und dem Nasen-Rachen-Raum kann  ebenfalls zu Ohrgeräuschen führen

Weitere mögliche Ursachen für einen objektiven Tinnitus können Herzklappenerkrankungen, Blutarmut (Anämie) oder in seltenen Fällen auch Gefäßerweiterungen oder Gefäßtumoren (Glomustumor) im Bereich gehirnversorgender Gefäße sein.

Subjektiver Tinnitus

Wesentlich häufiger als der objektive ist der subjektive Tinnitus, dieser ist nicht für andere Menschen hörbar, sondern kann nur vom Betroffenen selbst wahrgenommen werden. Die genaue Entstehung von subjektivem Tinnitus ist noch nicht abschließend geklärt. Man weiß aber, dass die Ohrgeräusche durch eine fehlerhafte Informationsbildung bzw. -verarbeitung im Hörsystem zustande kommen.

Bisher bekannte Ursachen dafür sind:

  • Schwerhörigkeit: Tinnitus und Schwerhörigkeit gehen häufig miteinander einher. Dabei wird davon ausgegangen, dass das Gehirn versucht, aufgrund der Hörstörung ausbleibende, oder nur schwach wahrgenommene Signale aus einem bestimmten Frequenzbereich, zu kompensieren. Dazu reguliert es die Aktivität in den entsprechenden Frequenzen nach oben, so dass sich ein Tinnitus entwickelt.
  • Ohrenschmalz oder Fremdkörper im Ohr:Wird der Gehörgang durch einen Schmalzpfropfen oder einen Fremdkörper verlegt, kann daraus ebenfalls ein Ohrgeräusche resultieren.
  • Lärm- und Knalltrauma: Bei einem Knalltrauma kommt es im Ohr zu einer kurzzeitigen Erhöhung des Drucks, welche im Extremfall sogar ein Platzen des Trommelfells hervorrufen kann. Der Auslöser kann z.B. ein Schuss, ein platzender Reifen, ein Böller, ein ausgelöster Airbag oder ein anderes plötzlich auftretendes sehr lautes Geräusch sein. Aber auch nach einem lauten Konzert kann es auf Grund einer, Minderversorgung und damit einhergehender Schädigung der Sinneszellen zu einer Hörminderung und einem Tinnitus kommen.
  • Hörsturz: Ein Hörsturz tritt plötzlich auf und äußert sich in einer akuten einseitigen Hörminderung mit sehr häufig begleitendem Ohrgeräusch. Als Ursache wird eine Durchblutungsstörung der kleinsten Gefäße im Ohr vermutet, wodurch es zu einem Infarkt im Innenohr kommt.
  • Akustikusneurinom: In seltenen Fällen kann auch ein gutartiger Tumor im Bereich des Hör- oder Gleichgewichtsnervs. Weitere mögliche Anzeichen können Schwindel und ein vermindertes Hören sein.
  • Innen- und Mittelohrentzündungen: Bei Entzündungen durch Bakterien oder Viren kann es zur Bildung von sogenannten ototoxischen (Innenohrschädigenden Stoffen) kommen, welche zur Entstehung eines Tinnitus und einer Gehörschädigung führen können.
  • Otosklerose: Damei kommt es zu einer Verknöcherung am Übergang zwischen dem Steigbügel und dem Innenohr. Sie kann ebenfalls einen subjektiven Tinnitus provozieren.
  • Trommelfellperforation: Solche Verletzungen können zum Beispiel durch Infektionen des Mittelohrs, durch einen Schlag auf das, durch Schallwellen oder auch durch Manipulationen im Ohr z.B. mit Wattestäbchen, auftreten. Dabei kommt es ebenfalls meistens zu einer Hörminderung und zum Teil auch zu einem Ohrgeräusch.
  • Tubenfunktionsstörung: Dabei kommt es zu einer Störung des Druckausgleichs zwischen dem Mittelohr und dem Nasenrachenraum. Dies löst ein Druckgefühl und ein Knacken beim Schlucken im Ohr aus.
  • Morbus Menière: Mit dieser Erkrankung des Innenohrs gehen typischerweise ein akuter Drehschwindelanfälle, ein Ohrdruck mit einer akuten Hörminderung im Tieftonbereich sowie ein einseitiger Tinnitus einher.
  • Arterienverkalkung( Arteriosklerose): Wenn es zu Kalkablagerungen, sogenannten Plaques in den Blutgefäßen die den Kopf versorgen kommt, können auf Grund der Einengung der Gefäße Strömungsgeräusche auftreten. Risikofaktoren für Arteriosklerose, die somit auch einen Tinnitus begünstigen, sind hohe Cholesterinwerte, Blutdruck und Diabetes.
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: In manchen Fällen lässt sich der Tinnitus auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie niedriger Blutdruck oder Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen zurückführen.
  • Störungen im Hormonhaushalt: Auch hormonelle Veränderungen (etwa durch die Wechseljahre) gelten als mögliche Ursache für Tinnitus.
  • Erkrankungen des Zentralen Nervensystems: In seltenen Fällen  können auch Multiple Sklerose, Hirntumoren und Hirnhautentzündungen mit Ohrgeräuschen einhergehen.
  • Kieferprobleme und Beschwerden der Halswirbelsäule: Auch Bandscheiben-vorfälle oder Verspannungen im Bereich der Halswirbelsäule, wie auch Verspannungen der Kiefermuskulatur durch nächtliches Knirschen oder Pressen (Craniomandibuläre Dysfunktion, CMD) können einen Tinnitus auslösen.
  • Medikamente: Einige Medikamente wie z.B. bestimmte Antibiotika (z.B.Gentamycin), harntreibende Mittel (Diuretika), Chemotherapeutika, einige Psychopharmaka sowie für höhere Dosierungen des Schmerzmittel Acetylsalicylsäure (ASS) können ebenfalls das Innenohr beeinflussen und einen Tinnitus begünstigen.
  • Psychische Belastung: Sehr häufig tritt Tinnitus in psychisch belastenden Situationen auf.

Tinnitus: Untersuchungen

Als erstes werden in einem Gespräch mit dem Patienten dessen genaue Symptome wie z.B. Seit wann besteht der Tinnitus? Trat er plötzlich oder schleichend auf? Gab es mögliche Auslöser wie Lärm oder Stress? Können Sie die Ohrgeräusche näher beschreiben? Ist der Ton/das Geräusch im Ohr gleichbleibend oder pulsierend? Verändert er sich im Laufe des Tages oder abhängig von der Haltung des Kopfes? Wie stark belastet Sie der Tinnitus? Sind bei Ihnen irgendwelche Vorerkrankungen bekannt (Diabetes, Herzerkrankungen, Bluthochdruck etc.)?, abgeklärt.

Danach können sich verschiedene Untersuchungen anschließen:

  • Ohrmikroskopie: Mithilfe eines Ohrmikroskops können das Außenohr und das Trommelfell untersucht werden. Dabei lässt sich feststellen, ob ein Schmalzpfropf Ursache des störenden Geräusches ist oder ob das Trommelfell verletzt ist.
  • Hörtest: Im Rahmen einer sogenannten Audiometrie wird die Hörleistung des Innenohrs untersucht.
  • Tympanogramm: Damit lässt sich die Beweglichkeit derTrommelfelle ermitteln.
  • Spiegelung des Nasen-Rachen-Raums (Nasopharyngoskopie): Die Untersuchung zeigt, ob die Umgebung des Ohrs krankhaft verändert ist.
  • Hirnstammaudiometrie (BERA): Dabei handelt es sich um einen speziellen Hörtest, der die Funktion des Hörnervs überprüft.
  • Tinnitus-Matching: Dabei wird die Lautstärke und Frequenz des Tinnitus-Tones bestimmt.
  • Weitere Tinnitus-Untersuchungen: Neben Störungen des Hörsystems können auch andere körperliche Probleme einen Tinnitus auslösen (wie Arterienverkalkung, Bluthochdruck, Zahn- oder Kieferfehlstellungen, Probleme der Halswirbelsäule etc.). Je nach Verdacht erfolgt eine Überweisung zu anderen Fachärzten zur weiteren Abklärung.

 

Tinnitus: Auswirkungen

Für einige Menschen bleibt der Tinnitus ein lebenslanger Begleiter. Der Leidensdruck ist dabei sehr unterschiedlich – während manche das Pfeifen oder Brummen im Ohr kaum oder überhaupt nicht beeinträchtigt (kompensierter Tinnitus), verursacht es bei anderen großen Stress und reduziert die Lebensqualität deutlich. In extremen Fällen entwickeln die Betroffenen Angstzustände oder Depressionen mit teilweiser sozialer Isolation und Berufsunfähigkeit.

Tinnitus: Behandlung

Da die Ursachen des Tinnitus sehr vielfältig sind und sich sehr häufig kein klarer Auslöser ausmachen lässt, ist auch die Therapie des Tinnitus häufig sehr schwierig.

Akuter Tinnitus: Behandlung

Diese Form von Tinnitus besteht seit maximal drei Monaten. Kommt es innerhalb der ersten Tage nicht von selbst zu einer Besserung der Symptomatik, sollte mit einer medikamentösen Therapie in Form von Tabletten oder Infusionen begonnen werden.

Zudem können ergänzende Therapien wie physikalisch-medizinische oder krankengymnastische Behandlungen bei Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule, eine Behandlung mit einer Distraktionsschiene bei Kieferverspannungen oder verschiedene Entspannungstechniken eine sinnvolle Ergänzung darstellen.

Chronischer Tinnitus: Behandlung

Hält das Ohrensausen länger als drei Monate an, spricht man von einem chronischen Tinnitus.

In diesem Fall sind medikamentöse Behandlungsansätze häufig nicht mehr erfolgs-versprechend. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jeder Patient mit einem chronischen Tinnitus für immer mit diesem leben muss.

Bei der Therapie des chronischen Tinnitus können z.B. mit der kognitiven Verhaltenstherapie, bei der ein Überhören des beeinträchtigenden Tinnitus erlernt wird, gute Ergebnisse erzielt werden. Erleichterung bringen auch verschiedene Formen von Entspannungstechniken wie autogenes Training, Muskelrelaxation nach Jakobson und andere.

Eine weitere Therapieoption sind sogenannte Tinnitusmasker. Dabei handelt es sich um sogenannte Rauschgeneratoren. Diese erzeugen ein gleichmäßiges Rauschen aus verschiedenen Tonhöhen. Durch dieses permanente leise Rauschen wird der Tinnitus überdeckt. Der Masker wird, ähnlich wie ein Hörgerät im Gehörgang oder hinter dem Ohr getragen. Leidet der Patient zusätzlich an einer Hörminderung, so lässt sich der Masker in ein Hörgerät integrieren.

 

Tinnitus: Was Sie selbst tun können

Anders als die Augen kann ein Mensch seine Ohren nicht verschließen. Das Sinnesorgan Ohr ist somit immer, also auch im Schlaf aktiv. Dennoch kann jeder Mensch Strategien entwickeln, um mit den Ohrgeräuschen besser zurechtzukommen.

  • Stille meiden: Das Gehirn hat die Fähigkeit Geräusche zu erlernen und als wichtig oder unwichtig einzuordnen. Umso mehr der Patient auf sein Ohrgeräusch hört, umso präsenter wird es im Gehirn abgebildet. Daher ist es wichtig ein Ohrgeräusch zum Beispiel beim Einschlafen durch leise Musik, plätschern eines Zimmerbrunnens oder Naturgeräusche zu kaschieren.
  • Gelassen bleiben: Wird ein Ohrgeräusch von dem Betroffenen als bedrohlich wahrgenommen, wird sein Bewusstsein die Ohrgeräusche nicht ausblenden. Gelingt es dem Patienten dagegen, eine gelassene Haltung zum Tinnitus zu entwickeln, kann er ihn aus dem Bewusstsein verdrängen.
  • Stress abbauen: Ebenfalls hilfreich ist alles, was entspannt. Denn unter Stress reagiert der Mensch besonders überempfindlich – auch auf Geräusche. Stressabbau bedeutet jedoch nicht, dass Sie all Ihre Aktivitäten einstellen sollen, denn genau dies führt dazu, dass Ihr Gehirn mehr Zeit bekommt sich auf das Geräusch zu konzentrieren und dieses als gefährlich und damit nicht unterdrückbar wahrzunehmen. Stressabbau bedeutet vielmehr das Erlernen von  Entspannungsmethoden wie Autogenes Training, Muskelrelaxation nach Jacobsen sowie Yoga, um diese in belastenden Alltagssituationen, die immer wieder auftreten werden, anwenden zu können.

 

Hörsturz

Ein Hörsturz ist eine plötzlich auftretende, meist einseitige Hörminderung, welche zum Teil mit Ohrgeräuschen, Ohrdruck und manchmal auch Schwindel einhergeht. Die genauen Ursachen eines Hörsturzes sind nicht bekannt. Vermutet werden Infekte oder Durchblutungsstörungen , aber auch Stress oder andere Vorerkrankungen als Auslöser.

Sehr häufig sind jedoch auch Erkrankungen des Ohres oder auch einfach nur eine Verlegung des Gehörganges mit Ohrschmalz die Auslöser einer akuten einseitigen Hörstörung. Daher ist es wichtig eine gründliche HNO-ärztliche Untersuchung und je nach Befund eine Diagnostik mit verschiedenen Hörtests durchzuführen, wodurch sich klar die Diagnose eines Hörsturzes stellen oder ausschließen lässt.

Bestätigt sich die Diagnose eines Hörsturzes besprechen wir mit Ihnen die bestehenden Therapieoptionen und entscheiden gemeinsam welches für Sie individuell die beste Therapie ist.