Schwindel

Schwindel tritt relativ häufig auf. Etwa jeder dritte bis vierte Mensch erleidet in seinem Leben einen mittleren bis schweren Schwindelanfall, wobei die Häufigkeit im Alter steigt. Er kann viele Ursachen – harmlose wie schwerwiegende haben. Unter anderem kann Schwindel Vorbote eines Schlaganfalls sein.

Daher sollten Sie bei unerklärlichem Schwindel einen Arzt aufsuchen. Das gilt insbesondere wenn die Beschwerden plötzlich auftreten, andere Beschwerden wie Kopfschmerzen, Sehstörungen, Benommenheit, Ohnmacht oder Hörstörungen hinzukommen, oder der Schwindel stark ist oder nicht verschwindet.

Viele Ursachen für den Schwindel liegen im HNO-Bereich.

Meist handelt es sich um vorübergehende Gleichgewichtsstörungen, manche Menschen leiden jedoch auch unter Dauerschwindel.

Es gibt verschiedene Schwindelformen wie z.B. Dreh-, Schwank-, oder Lagerungsschwindel. Eines ist jedoch allen Formen gemeinsam, sie beeinträchtigen massiv die Lebensqualität des Betroffenen.

Beim Schwindel kommt es zu einer gestörten Wahrnehmung der Umwelt. Der Betroffene verliert die Orientierung im Raum und leidet unter Gleichgewichtsstörungen. Viele Patienten haben das Gefühl Karussell zu fahren ( Drehschwindel), andere fühlen sich als ob sie bei starkem Seegang auf einem Boot wären ( Schwankschwindel), oder verspüren einfach ein Unsicherheitsgefühl oder eine Benommenheit.

Der Gleichgewichtssinn

Das Gleichgewichtsempfinden und die räumliche Orientierung werden durch das Zusammenspiel dreier Sinnesorgane ermöglicht.

Zum einen durch den Vestibularapparat, der im Innenohr sitzt. Dabei handelt sich, vereinfacht dargestellt, um ein flüssigkeitsgefülltes Hohlraumsystem bestehend aus drei Bogengängen, zwei Vorhofsäcken sowie einem Endolymphgang. Wenn sich der Körper dreht oder beschleunigt wird, wie z.B. im Karussell oder beim Autofahren, bewegt sich die Flüssigkeit, was die Sinneszellen an den Wänden reizt. Der daraus resultierende Reiz wird über den Gleichgewichtsnerven an das Gehirn weitergeleitet.

Dort werden diese Informationen mit den Informationen die von den Augen aufgenommen werden und denen der Tiefenrezeptoren der Muskeln, Sehnen und Gelenke verarbeitet. Erhält das Gehirn jedoch unterschiedliche Informationen dieser drei Sinnesorgane, oder kann es die eingehenden Signale nicht richtig verarbeiten, kommt es zur Entstehung von Schwindel. Außerdem können psychische und physische Erkrankungen für Schwindelattacken verantwortlich sein.

Ursachen

Es gibt viele Ursachen für Schwindel. Prinzipiell unterscheiden Mediziner vestibulären und nicht-vestibulären Schwindel.

Vestibulärer Schwindel

Vestibulärer Schwindel entsteht "im Kopf", wird also durch widersprüchliche Reize oder eine gestörte Verarbeitung der von den Gleichgewichtsorganen gesendeten Informationen im Gehirn ausgelöst. Der Auslöser sind Erkrankungen oder Irritationen des Gleichgewichtssystems. Betroffene erleben die Schwindelanfälle meist als Drehschwindel. Sind das Innenohr oder der Gleichgewichtsnerv betroffen, handelt es sich um einen peripheren vestibulären Schwindel. Bei Erkrankungen von Hirnstamm, Kleinhirn oder Großhirn spricht man von einem zentralen vestibulären Schwindel.

Die häufigsten Formen und Ursachen von vestibulärem Schwindel sind:

Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel

Die häufigste Schwindelform ist der Lagerungsschwindel. Er wird von kleinsten Kristallen im flüssigkeitsgefüllten Gleichgewichtsorgan ausgelöst.Gelangen Kristalle aus dem Innenohr in die Bogengänge, tritt ein heftiger, kurzzeitiger Schwindel, oft begleitet von Übelkeit, auf, sobald man sich bewegt. Ihn kann man oft schnell und einfach beseitigen, indem man die Steinchen durch gezielte Lagerungsveränderungen des Patienten wieder aus den Bogengängen befördern.

Neuritis vestibularis

Eine Entzündung des Gleichgewichtsnervs ist die zweithäufigste Ursache des peripheren vestibulären Schwindels.Dabei kommt es zu einem äußerst unangenehmen, anhaltenden Drehschwindel. Die Ursache ist bisher nicht bekannt. Die Symptome klingen nur langsam im Laufe von zwei bis vier Wochen ab.

Morbus Menière

Eine spezielle Form des Schwindels ist der Morbus Menière. Die Betroffenen leiden unter plötzlichen Schwindelanfällen, die mit Hörverlust und Tinnitus einhergehen. Die Attacken halten Minuten manchmal auch Stunden an und können so stark sein, dass die Patienten nicht mehr aufrecht stehen können. Oft ist ihnen übel, bis hin zum Erbrechen. Die Diagnose kann erst im Verlauf sicher gestellt werden, wenn über längere Zeit häufiger diese Schwindelanfälle aufgetreten sind. Zumeist macht sich der M. Meniere zwischen dem 30. Und 60. Lebensjahr bemerkbar.

Die genaue Ursache ist nicht bekannt, man vermutet jedoch, dass es zu einem Einreißen einer Membran in den flüßigkeitsgefüllten Schläuchen und damit zum Vermischen der verschiedenen Flüssigkeiten, welche einen unterschiedlichen Kaliumgehalt haben, kommt.

Bilaterale Vestibulopathie

Typisch für diese Innenohrerkrankung ist ein Schwankschwindel beim Gehen mit Zunahme im Dunkeln und auf unebenem Untergrund. Die Betroffenen können ihre Umwelt zum Teil nur noch verschwommen wahrnehmen, Straßenschilder nicht mehr lesen oder die Gesichter entgegenkommender Menschen nicht mehr sicher erkennen. Die Symptome können zwischen wenigen Minuten und einigen Tagen anhalten. In Ruhe sind diese Patienten meist schwindelfrei. Die Ursache ist ein Ausfall der Vestibularaorgane und der damit einhergehenden Reflexe für die Orientierung im Raum.

Vestibularisparoxysmie

Hierbei treten regelmäßig Schwindelattacken (meist  Drehschwindel) auf, die nur Sekunden bis Minuten andauern und zu Stand- und Gangunsicherheit führen. Bestimmte Kopfhaltungen können die Anfälle auslösen. Im MRT lässt sich bei diesen Patienten in über 90% der Fälle ein Gefäßnervenkontakt nachweisen.

Vestibuläre Migräne

Wenn Schwindelattacken ohne ersichtlichen Grund immer wieder auftreten, kann eine Schwindelmigräne (vestibuläre Migräne) die Ursache sein. Meist, aber nicht bei allen Patienten, folgen auf den Schwindel typische Migränesymptome wie Kopfschmerzen, Ruhebedürfnis, Licht und Lärmempfindlichkeit. Treten die Schwindelattacken alleine auf, ist die Diagnose schwer zu stellen.

Durchblutungsstörungen im Gehirn

Wird das Hirn beispielweise bei einem Schlaganfall oder einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) nicht mehr ausreichend durchblutet, kann es ebenfalls zu Schwindel kommen. Weitere typische Symptome sind Erbrechen und Übelkeit, gestörte Bewegungsabläufe, Gefühlsstörungen, Schluckstörungen und Störungen der Sprechmotorik.

Akustikusneurinom

Hierbei handelt es sich um einen gutartigen Tumor des Hör- und Gleichgewichtsnervs, der von den Schwann'schen Zellen ausgeht, die den Nerv umhüllen. Sobald der Tumor eine gewisse Größe erreicht, kann er Symptome wie Hörminderung, Schwindel (Dreh- oder Schwankschwindel), Tinnitus und Übelkeit auslösen.

Felsenbeinfraktur mit Labyrinthausfall

Bei einem schweren Unfall oder Sturz können Schädelknochen brechen. Wenn das Felsenbein in dem sich das Innenohr befindet, betroffen ist, kann das Innenohr mit dem Gleichgewichtssystem beschädigt werden. Schwindel ist eine der möglichen Folgen.

Vestibuläre Epilepsie

Charakteristisch für die vestibuläre Epilepsie sind Krampfanfälle mit Schwindel und schnellen, zuckenden Augenbewegungen (Nystagmus). Der Schwindel ist häufig das erste Symptom und geht dem eigentlichen Anfall voraus.

Reisekrankheit (Kinetose)

Ungewohnte Bewegungen zum Beispiel bei Auto- oder Busfahrten auf kurvenreichen Straßen, Turbulenzen im Flugzeug oder starkem Wellengang können das Innenohr mit Reizen überfluten. Lässt sich dabei die Ursache der Bewegungen nicht ständig mit den Augen verfolgen, kommt es zu widersprüchlichen Meldungen im Gehirn, was zu Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen und Erbrechen führen kann.

Altersbedingter Schwindel

Mit zunehmendem Alter leiden Menschen häufiger an Schwindel. So liegt die Schwindelhäufigkeit bei über 60-Jährigen bei ca. 25% bei über 75-Jährigen sogar bei 50%. Häufig handelt es sich um einen sogenannten Altersschwindel welcher durch eine altersbedingte Durchblutungsstörung und verzögerten  Informationsverarbeitung im Innenohr verursacht wird. Wichtig ist jedoch, dass andere Ursachen wie Herz-Kreislauferkrankungen, Sehstörungen, Erkrankungen/Schädigungen des Nervensystems, Verletzungen oder Medikamente als Auslöser des Schwindels ausgeschlossen werden

Nicht-vestibulärer Schwindel

Beim nicht-vestibulärem Schwindel sind die Gleichgewichtsorgane, die weiterleitenden Nerven und die Gehirnfunktion intakt. Die Auslöser befinden sich in anderen Körperregionen.

Bei nicht-vestibulärem Schwindel ist die Orientierung im Raum meist eingeschränkt, es kommt zu unsicherem Stehen und Fallneigung mit Stürzen. Übelkeit und Erbrechen sind bei dieser Schwindelart jedoch selten.

Zu den Ursachen des nicht-vestibulären Schwindels gehören:

HWS-Syndrom:

Auch Verspannungen des Nackens, Bandscheinbenvorfälle oder andere Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule können zu Schwindel oder Gangunsicherheit führen. Eine mögliche Erklärung ist, dass durch krankhaften Veränderungen in der Region auch Nerven und Blutgefäße eingeengt werden. Betrifft das die hirnversorgenden Strukturen, kann es zu einer Minderversorgung mit Beschwerden wie z.B. Schwindel kommen.

Schwindel durch Herz-Kreislaufbeschwerden

Probleme im Herz-Kreislauf-System, wie zu niedriger aber auch zu hoher Blutdruck, können ebenfalls Schwindel verursachen. Ebenso eine Blutarmut ( Anämie) z.B. bei vegetarischer Ernährung oder bei starker Menstruation, Herzrhythmusstörungen und Herzschwäche können Schwindel verursachen. Auch eine Einengung der Gehirnversorgenden Blutgefäße, aufgrund von Arteriosklerose, kann ein Schwindelauslöser sein.

Hormonelle Veränderungen

Schwindel kann beispielsweise auch Frauen plagen, die unter Prämenstruellem Syndrom leiden. Auch manche Frauen in den Wechseljahren  und in der Schwangerschaft macht er zu schaffen. Der Grund: Hormone beeinflussen wesentlich das vegetative Nervensystem, darunter auch Atmung und Blutdruck. Gerät die vegetative Balance aufgrund von Hormonschwankungen durcheinander, kann das neben vielen anderen Beschwerden auch Schwindel verursachen.

niedriger Blutzuckerspiegel (Unterzucker)

Polyneuropathie

Nervenschäden im Bereich des vegetativen Nervensystems z.B. durch Diabetes bedingt

Karotissinussyndrom

Dabei reagieren bestimmte Druckrezeptoren der Halsschlagader überempfindlich - schon bei leichtem Druck veranlassen sie das Herz langsamer zu schlagen, sodass der Blutdruck sinkt. Das kann Schwindel und Bewusstseinsstörungen (bis hin zu Ohnmacht) auslösen.

Medikamente

Schwindel kann auch eine Nebenwirkung mancher Medikamente sein – beispielsweise Blutdruckmedikamente, wenn sie den Blutdruck zu stark senken Es gibt aber auch Medikamente, die direkt den Gleichgewichtsnerv schädigen können.

Alkohol und andere Drogen

Hyperventilation

übermäßig schnelles und tiefes Atmen

Augenprobleme

Sehprobleme können ebenfalls Schwindel verursachen. Denn neben dem Gleichgewichtsorgan im Ohr leisten die Signale, die das Auge ans Gehirn sendet, einen entscheidenden Beitrag zur Körperbalance. Nach dem Kauf einer neuen Brille beispielsweise muss sich das Gehirn erst einmal wieder an die veränderten Signale gewöhnen – bis dahin können Schwindel und sogar Übelkeit auftreten.

Auch Höhenangst mit Schwindel entsteht dadurch, dass der nächste fixierbare Gegenstand zu weit entfernt ist und somit der Blick keinen Halt findet und das Gleichgewichtsempfinden im Gehirn durcheinander kommt.

Somatoformer Schwindel ( psychosomatischer Schwindel)

Davon spricht man, wenn Schwindel ohne erkennbare körperliche Ursachen entsteht. Dabei kommt es dann zu verschiedenartigen Beschwerden, wie Schwindel Atemnotnot bis hin zu Antriebslosigkeit. Diese Symptome beruhen meist auf psychischen Erkrankungen wie einer Angststörung oder einer Depression.

Dabei ist der Phobische Schwankschwindel ist die häufigste somatoforme Schwindelstörung. In der Altersgruppe der 30- bis 50-Jährigen ist er die häufigste Schwindelart überhaupt. Typisch sind Benommenheit, Schwankschwindel, Stand- und Gangunsicherheit sowie häufige Stürze. Die Schwindelanfälle treten auf, wenn die Betroffenen sich mit typischen Auslösern von Panikattacken konfrontiert sehen, beispielsweise beim Überqueren einer Brücke oder inmitten einer Menschenmenge. Der phobische Schwankschwindel ist ein psychogener Schwindel, also seelisch bedingt.

Symptome

Man unterscheidet zwischen Drehschwindel, Schwankschwindel, Liftschwindel und Pseudo-Vertigo.

  • Drehschwindel: Die Umwelt scheint sich um den Betroffenen zu drehen. Häufig ist der Drehschwindel von Übelkeit, Erbrechen, Ohrensausen und einem verminderten Hörvermögen begleitet.
  • Schwankschwindel: Betroffene haben das Gefühl bei starkem Seegang auf einem Boot zu sein. Dabei kommt es zu einer Gangunsicherheit mit Abweichungen zu einer oder beiden Seiten. Begleitsymptome treten nur sehr selten auf.
  • Liftschwindel: Die Betroffenen meinen, zu fallen und fühlen sich, als ob sie in einem Fahrstuhl schnell nach oben oder unten fahren.
  • Pseudo-Vertigo: Hierbei fühlen sich die Betroffenen benommen und ihnen wird schwarz vor Augen - ohne dass sich die Umgebung zu bewegen scheint. Deshalb spricht man hier nicht von "echtem", sondern von Pseudo-Schwindel.

Wann sollten Sie einen Arzt aufsuchen:

  • Wenn der Schwindel plötzlich, heftig und wiederholt auftritt, ohne dass eine äußere Ursache erkennbar ist
  • Wenn bestimmte Kopfbewegungen immer zu Schwindel führen
  • Wenn Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen Ohrensausen, Benommenheit, Sehstörungen oder Atemnot den Schwindel begleiten
  • Wenn der Schwindel während einer Infektion mit oder ohne Fieber auftritt